vocal ecotism
Stimmkunst in der versehrten Welt
vocal art in the wounded world
Das ist die Zentrale der Web-Präsenz von
vocal ecotism
mit allen Informationen zu den Aktivitäten und Terminen, links zu Texten, Videos und Audios und die Dokumentation all dessen was passieren wird.
This is the center of the project vocal ecotism - with information about all activities and dates, links to textes, videos and audio recordings and the documentation of everything that will happen.
Vocal ecotism
Stimmkunst in einer versehrten Welt
Eine Einführung:
Die großen ökologischen Verwerfungen unserer Zeit, wie der Klimawandel und das Artensterben, sind ein wichtiges Thema der zeitgenössischen Kunst. Ich beschäftige mich seit einigen Jahren mit der Frage, wie die Kunst und ein von der Kunst inspiriertes Denken dazu beitragen kann, den ökologischen, (und den sozialen und politischen) Problemen der Gegenwart konstruktiv zu begegnen (meist im Rahmen von IRWEGK, dem Institut zur Rettung der Welt aus dem Geiste der Kunst, https://irwegk.jimdofree.com/).
Das Forschungsvorhaben vocal ecotism verfolgt die Absicht, diese Frage konkret auf die Stimmkunst zu beziehen. Unter Stimmkunst verstehe ich dabei im Prinzip alle Kunstsparten, die sich der menschlichen Stimme bedienen; insbesondere interessiert mich die Arbeit mit der Extended Voice, also einem Ansatz, bei dem alle klanglichen Möglichkeiten der Stimme künstlerisch eingesetzt werden.
Mit vocal ecotism will ich gemeinsam mit allen daran interessierten Menschen Stimmkunstansätze entwickeln, die einen ökologischen Wandel der Gesellschaft(en) hin zu einer weniger versehrten Welt unterstützen und begleiten. Wie könnte ein künstlerisches Verhältnis zur Welt aussehen, das nicht der kapitalistischen Logik der Ausbeutung folgt, sondern eine in jeder Hinsicht respektvolle Haltung einnimmt?
Die Stimmkunst ist für die Erforschung dieser Frage ein vielversprechender Ansatz, weil die Stimme neben dem Körper das menschliche Ausdrucksmittel darstellt, das am engsten mit der Naturgegebenheit des menschlichen Daseins verknüpft ist. Stimmlicher Ausdruck ist direkter Ausdruck, der keiner anderen Mittel und „Instrumente“ bedarf, um sich zu zeigen. Die Stimme ist kein Instrument, sondern integraler Bestandteil des Menschseins. Die Stimme in Aktion ist deshalb immer schon mit der naturhaften Dimension der menschlichen Existenz in Verbindung und erlaubt zugleich eine direkte gestalterische Aktivität - in Richtung Musik und Sprache oder in anderen Formen der Stimmkunst, z.B. im Rahmen der Performance Art.
Der Titel vocal ecotism ist ein Wortspiel, das nur auf englisch funktioniert und durch eine Anregung, die ich in einem Text von Kozana Lucca gefunden habe, entstanden ist. Kozana Lucca war ein frühes Mitglied des Roy Hart Theatre und soweit ich das beurteilen kann, die erste Stimmkünstlerin und -lehrerin aus dieser Tradition, die in ihre Arbeit mit der menschlichen Stimme ökologische Fragen integriert hat. In dem erwähnten Text spricht sie von drei Bereichen, die über die Stimme in Verbindung gebracht werden können. An erster Stelle steht die Verbindung zum/zur Tönenden selbst, dann die Verbindung zu anderen, die zuhören und zuletzt die Verbindung zur Welt und allem was dort zu finden ist. Für Kozana war diese Bewegung eine von der egocentricity zur ecocentricity. Für mich wurde daraus das Wortpaar egotism und ecotism. (Der Text von Kozana Lucca ist übrigens aus einem Interview entstanden, das die RHC-Lehrerin Maryline Guitton mit ihr geführt hat. Den ganzen Text gibt es hier: https://roy-hart-theatre.com/archives/kozana-lucca/.)
Mit vocal ecotism bin ich nicht so sehr an einer ökologischen Stimmkunst interessiert, die direkt auf die bestehenden Probleme aufmerksam macht, obwohl diese Art von Kunst natürlich ihre Berechtigung besitzt. Ich möchte zuerst einen Schritt zurück setzen und fragen, was sich in unserer Art der Beziehung zur Welt und der so genannten Natur ändern muss, damit ein grundlegender Wandel unseres Verhaltens möglich wird. Wie müssen wir die Natur heutzutage verstehen – und wie ist ihre Beziehung zur so genannten Kultur?
Ein Aspekt dieses Wandels könnte darin bestehen, dass wir die Fähigkeit entwickeln nachzufühlen, wie sehr die Welt unter den ökologischen Verwerfungen, die „wir“ angerichtet haben, leidet. Vielleicht bedarf es hier vor allem einer echten Trauerarbeit? Das ist eine Aufgabe, der sich in unserer Zeit vielleicht nur die Kunst annehmen kann.
Aus diesen ersten Überlegungen ergeben sich drei Felder, auf denen die Recherche ansetzen wird.
Im ersten Feld geht es um die Frage, ob und wie eine stimmliche Praxis bzw. ein Stimmtraining möglich ist, das die Beziehungsgeflechte zwischen den Menschen und der Welt mitbedenkt und darauf aus ist, diese Beziehungen zu kultivieren und zu stärken. Ein möglicher Weg, mit dem ich mich beschäftigen werde, besteht in der Entwicklung einer stimmlichen Elementenlehre.
Das zweite Feld umfasst die zentrale Frage nach einer Stimmkunst (der Extended Voice), die die Beziehung der Kunstschaffenden zur Welt in welcher Form auch immer in die künstlerischen und stimmlichen Aktionen integriert. Einerseits liegt hier eine Rückwendung zu Ritualen und Praktiken nahe, die es in früheren Kulturen und Traditionen gegeben hat. So war es in den allermeisten frühen Kulturen üblich, zu nichtmenschlichen Lebewesen, Dingen und Kräften zu singen, viel mehr als zu einem menschlichen Publikum. Da gibt es etwas neu zu lernen! Zugleich ist es für die Entwicklung einer zeitgenössischen Stimmkunst wichtig im Sinn zu halten, dass wir als Menschheit heute in einer neuartigen nämlich globalen Situation stecken, die neue Wege erfordert.
Im dritten Feld geht es darum, die möglichen Erkenntnisse und Ideen, die sich aus der künstlerischen Recherche ergeben haben, in die Welt zu bringen, ohne den Strukturen der kapitalistisch geprägten Kunstszene und der Musikindustrie auf den Leim zu gehen. Welche Art von Verbindung zwischen Kunst und Leben ist einer Kunst des vocal ecotism angemessen?
Die Recherche beinhaltet verschiedene Aktivitäten.
Meine erste Aufgabe sehe ich darin, die aufgeworfenen Fragen zu präzisieren und mit Material aus der Kunst und Wissenschaft zu konfrontieren. Ich werde mir einen sicher nur fragmentarischen Einblick in die gegenwärtige Kunstproduktion verschaffen, die sich mit ökologischen Fragen beschäftigt und über Interviews mit Kunstschaffenden aus den verschiedenen Disziplinen der Frage nachgehen, wie dieses Thema dort behandelt wird. Außerdem lese ich ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige philosophische und wissenschaftliche Arbeiten zu den konzeptuellen Grundlagen unserer Gesellschaft und Zeit.
Die Ergebnisse dieser Arbeit werde ich auf meine Fragestellung hin formulieren und in Vorträgen und Präsentationen vorstellen. Das wird in regelmäßigen Treffen (live und online) passieren, die in deutsch und/oder englisch stattfinden werden.
In einer zweiten Phase werde ich zu Treffen einladen, in denen wir im größeren Kreis die aufgeworfenen Fragen besprechen und miteinander in die stimmliche und künstlerische Aktivität eintreten. Die genaue Form dieser Treffen ist noch zu entwerfen. Mein Wunsch wäre, zu diesen Treffen Kolleg*innen aus der Stimmarbeit und angrenzenden Bereichen einzuladen, ihre praktischen Ideen vorzustellen. Geplant sind Treffen in Köln, Düsseldorf und im Roy Hart Voice Center in Malérargues.
Wenn das Projekt vocal ecotism Dein/Ihr Interesse geweckt hat, bitte ich um Zusendung einer E-Mail (ralf-peters@stimmfeld.de). Dann halte ich Dich/Sie auf dem laufenden und freue mich sehr über die bald startenden Gelegenheiten, uns im Gespräch und der gemeinsamen Arbeit mit der Stimme auszutauschen! Das Projekt startet mit Beginn des Jahres 2024 und ist auf knapp ein Jahr angelegt.
Vocal ecotism
Vocal art in a wounded world
an Introduction:
The major ecological disruptions of our time, such as climate change and the extinction of species, are an important topic in contemporary art. For several years now, I have been working on the question of how art and art-inspired thinking can contribute to addressing the ecological (and social and political) problems of the present in a constructive way (mostly within the framework of IRWEGK, the Institute for Saving the World from the Spirit of Art, https://irwegk.jimdofree.com/).
The vocal ecotism research project aims to relate this question concretely to vocal art. By vocal art I mean, in principle, all art forms that make use of the human voice; I am particularly interested in working with the extended voice, i.e. an approach in which all the possibilities of the voice are used artistically.
With vocal ecotism, I want to develop vocal art approaches together with all interested people that support and accompany an ecological change in society(ies) towards a less damaged world. What could an artistic relationship to the world look like that does not follow the capitalist logic of exploitation but adopts a respectful attitude in every respect?
Vocal art is a promising approach to exploring this question because, alongside the body, the voice is the human form of expression that is most closely linked to the natural reality of human existence. Vocal expression is direct expression that requires no other means or "instruments" to show itself. The voice is not an instrument, but an integral part of being human. The voice in action is therefore always connected to the natural dimension of human existence and at the same time allows direct creative activity - in the direction of music and language or in other forms of vocal art, e.g. in the context of performance art.
The title vocal ecotism is a play on words that only works in English and originated from a suggestion I found in a text by Kozana Lucca. Kozana Lucca was an early member of the Roy Hart Theatre and, as far as I can tell, the first voice artist and teacher from that tradition who integrated ecological issues into her work with the human voice. In the mentioned text, she speaks of three areas that can be connected through the voice. First, there is the connection to the voice itself, then the connection to others who are listening and finally the connection to the world and all that can be found within it. For Kozana, this movement was one from egocentricity to ecocentricity. For me, this became the word pair egotism and ecotism. (Kozana´s text emerged from an interview that she gave to RHC-teacher Maryline Guitton. the whole text can be see at: https://roy-hart-theatre.com/archives/kozana-lucca/.)
With vocal ecotism, I am not so much interested in an ecological vocal art that directly draws attention to existing problems, although this type of art is of course justified. I would first like to take a step back and ask what needs to change in our way of relating to the world and so-called nature in order for a fundamental change in our behaviour to be possible. How do we need to understand nature today - and what is its relationship to so-called culture?
One aspect of this change could be to develop the ability to empathise with how much the world is suffering from the ecological disruption 'we' have caused. Perhaps what is needed here above all is genuine mourning? This is a task that perhaps only art can take on in our time.
These initial considerations give rise to three fields in which the research will begin.
The first field concerns the question of whether and how a vocal practice or vocal training is possible that takes into account the network of relationships between people and the world and aims to cultivate and strengthen these relationships. One possible path that I will look at is the development of a vocal elemental theory.
The second field encompasses the central question of a vocal art (of the extended voice) that integrates the relationship of the artist to the world in whatever form into the artistic and vocal actions. On the one hand, this suggests a return to rituals and practices that existed in earlier cultures and traditions. In the vast majority of early cultures, it was customary to sing to non-human creatures, things and forces, much more so than to a human audience. There is something new to learn! At the same time, it is important for the development of a contemporary vocal art to bear in mind that we as humankind are now in a new, namely global, situation that requires new approaches.
The third field is about bringing the possible insights and ideas that have emerged from artistic research into the world without falling prey to the structures of the capitalist-orientated art scene and the music industry. What kind of connection between art and life is appropriate for an art of vocal ecotism?
The research involves various activities.
I see my first task in clarifying the questions raised and confronting them with material from art and science. I will gain a fragmentary insight into current art production that deals with ecological issues and, through interviews with artists from various disciplines, investigate how this topic is dealt with there. In addition, I will read some philosophical and scientific works on the conceptual foundations of our society and time, without claiming to be exhaustive.
I will formulate the results of this work in relation to my research question and present them in lectures and presentations. This will take place in regular meetings (live and online), which will be held in German and/or English.
In a second phase, I will invite people to meetings in which we will discuss the questions raised in a larger group and enter into vocal and artistic activity together. The exact form of these meetings is still to be finalised. I would like to invite colleagues from voice work and related fields to present their practical ideas at these meetings. Meetings are planned in Cologne, Düsseldorf and at the Roy Hart Voice Centre in Malérargues.
If the vocal ecotism project has awakened your interest, please send me an e-mail (ralf-peters@stimmfeld.de)! I will then keep you up to date and look forward to the upcoming opportunities to talk and work together with the voice! The project will start at the beginning of 2024 and is scheduled to run for just under a year.
Vorüberlegungen/Preliminary Thoughts:
1. Hoffnung auf Veränderung? / Hope for Change?
2. Nikolaus Lenau - Romantischer Kapitalismus/Romantic Capitalism
gefördert von:
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